11-11: Memories Retold im Test – Der 1. Weltkrieg porträtiert

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11-11: Memories Retold – Das hat uns gefallen

Als erstes möchte ich den gewählten Grafikstil, der euch an ein Ölgemälde der Stilrichtung des Impressionismus (Claude Monet) erinnern soll, erwähnen. Lasst euch von diesem aber nicht abschrecken, auch wenn dieser zunächst gewöhnungsbedürftig ist und dem ein oder anderen auf den ersten Blick gar nicht mal so schön vorkommen wird, entfaltet sich dieser mit der Zeit und ihr beginnt die malerischen Kulissen zu bestaunen. So erging es zumindest mir, in meinem sechstündigen Test. Anfangs konnte ich kaum etwas erkennen in dem farbigen Mischmasch, doch im späteren Verlauf gewöhnte ich mich dermaßen dran, dass ich den Grafik-Effekt komplett ausblendete. Dieser Umstand lag insbesondere auch an der intensiven Geschichte des Abenteuers. Kein Weltkriegsspiel zuvor hat es geschafft mir die Schrecken des Krieges dermaßen vor Augen zu führen wie “11-11: Memories Retold”.

Der Titel ist spielerisch gesehen ein minimalistisches Werk, welches über kurze Gameplay-Passagen – ähnlich der Telltale- und Life-is-Strange-Titel – kaum etwas zu bieten hat. Meistens steht der Spieler vor der Aufgabe mit einer bestimmten Person zu reden oder hier und da mal einen Gegenstand von A nach B zu transportieren. Keine gestellte Aufgabe wird euch lange aufhalten oder gar herausfordern. Wer sich jedoch mehr für die Thematik des Ersten Weltkrieges interessiert, für den haben die Entwickler einige Sammelgegenstände in den kleinen Arealen versteckt. Habt ihr genug Schnipsel eingesammelt, dann liefern diese euch im Menü ein paar historische Fakten über den Ersten Weltkrieg. Dort erfahrt ihr zum Beispiel, dass der Krieg nicht nur aus Grabenkämpfen bestand, sondern viel mehr aus langen Warte-Phasen, wo die Soldaten aus Langeweile Karten spielten oder sich anders beschäftigten. Deshalb findet sich im Spiel auch eine stark vereinfachte Version eines Kartenspiels wieder.

Im Mittelpunkt stehen die Geschichte und die kurzen Entscheidungen der Spieler. Zwar bleibt eine direkte Konsequenz eurer Entscheidung meistens aus, doch um so emotionaler sind deren Auswirkungen, sobald ihr mit diesen konfrontiert werdet. Ich musste kurz schlucken, als ich in Kurts Haut einem deutschen Scharfschützen durchgegeben habe, wann der nächste Angriff stattfinden soll und zusätzlich erzählte, dass die feindlichen Soldaten Gitarre spielen und singen würden. Harry spielte währenddessen vergnügt auf der Gitarre und sein Freund, den man schnell lieb gewonnen hat, tanzte dazu. Für einen kurzen Augenblick vergessen Harry und seine Freunde die Sorgen des Krieges, während der deutsche Scharfschütze neben Kurt trocken kommentiert: “Diese Idioten hüpfen auch noch dabei auf und ab” und erschießt Harrys Freund. Die nächste Szene zeigt wie Harry entsetzt auf den leblosen Körper seines Freundes blickt. In diesem Augenblick wurde mir nicht nur eindrucksvoll der Schrecken des Krieges vor Augen geführt, sondern machte mich zu einem Teil davon und ich wünschte mir ich hätte dem Scharfschützen lieber durchgegeben, in welcher Barracke die feindlichen Soldaten trinken. Mit solchen Momenten werdet ihr in “11-11: Memories Retold” öfter konfrontiert und genau das ist es was den Titel ausmacht.

In vielen Situationen geht der Titel aber viel subtiler mit euren Entscheidungen vor. Als Harry könnt ihr zum Beispiel jederzeit selbst den Fotoapparat zücken und Fotos eurer Umgebungen machen. Wenn Harry dann einen Brief an seine Freundin schreibt könnt ihr dann selbst das Foto wählen, welches ihr abschicken wollt. Ob ihr den posierenden Major Barret oder einige Soldaten beim Kartenspielen abschickt, beeinflusst die Antwort der Freundin. Und wenn ihr als Kurt einen Brief an die Frau mit dem kleinen Kind abschickt, solltet ihr die Gräueltaten des Ersten Weltkrieges nicht allzu detailverliebt schildern, um das kleine Kind nicht unnötig zu verstören und zu beunruhigen.

Die Synchronisation ist durch die beiden erfahrenen und prominenten Schauspieler Elijah Wood und Sebastian Koch durchweg gelungen. Zudem spricht jeder in seiner eigenen Landessprache, nur Kurt fällt manches Mal aus der Rolle und hält seine Monologe auf Englisch, was für ein wenig Verwirrung sorgt. Vermutlich wurde dies aus Kostengründen so umgesetzt, immerhin helfen Untertitel jederzeit weiter. Zudem werden die dramatischen Szenen mit fantastischer Orchestraler Musik und Gesang untermalt, welche euch auch lange nach dem Spielen im Ohr bleiben werden.