Digitale Brettspiele von Digidiced

Artikel

Dass Gamedesign-Unternehmen sich auf Genres spezialisieren, ist in der Branche ja längst nichts Neues mehr. Im Gegenteil, durch die Konzentration auf bestimmte Zielgruppen oder Nischenthemen hat schon so manches Entwickler-Team seine Verkäufe erst so richtig ins Rollen gebracht.

Das Gleiche haben sich wahrscheinlich vier Spielentwickler aus Berlin gedacht. Die Nische, auf die sie sich mit ihrer Firma Digidiced konzentrieren, lautet: digitale Versionen moderner analoger Brettspiele.

Wer jetzt an virtuelle Varianten von Monopoly, Mensch-ärgere-dich nicht oder ähnlichen Klassikern denkt, liegt falsch. Denn Digidiced widmet sich komplexen Kennerspielen wie Terra Mystica, Agricola oder Die Burgen von Burgund. Alles Brettspiele, die momentan selbst noch eine Nische besetzen – auch wenn diese Szene gerade voll im Trend liegt und wachsende Absatzzahlen zu verbuchen hat.

Der Ansatz, mit dem bei Digidiced die analogen Vorbilder in Bildschirmversionen umgewandelt werden, ist dabei vom Grundgedanken her recht einfach: Vom Original wird das komplette Regelwerk eins zu eins übernommen, Design und Layout sollen möglichst dasselbe Gefühl transportieren wie die physische Version und müssen daher an die besonderen Anforderungen von 2-D-Bildschirmen angepasst werden. Dazu muss man sich darüber im Klaren sein, dass ein Spiel wie etwa Terra Mystica aus rund einem Kilogramm Material besteht, zu welchem zahllose Plättchen, Marker und Tableaus gehören. Das Kennerspiel bedeckt im aufgebauten Zustand einen durchschnittlichen Küchentisch fast lückenlos.

A propos Aufbauen: Es ist natürlich klar, dass dieser Punkt bei einem digitalen Brettspiel komplett übersprungen wird, da die Software das auf virtuelle Art übernimmt. Analog-Puristen könnten es vermissen, die realen Einzelteile des Spiels in die Hand zu nehmen und alles selber in Position zu bringen. Wer jedoch Video-Spiele gewohnt ist, der ist wahrscheinlich froh darüber, dass er mittels vertrautem Touchscreen, Game-Pad oder Tastatur spielen kann.

Wie es sich für zeitgemäße Game-Apps gehört, lassen sich alle Spiele von Digidiced als Solovariante gegen vorprogrammierte KI-Spieler zocken. Die kann man in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden auswählen, von Anfänger bis Experte. Und tatsächlich erweisen sie sich als ebenbürtige Gegner. Hat man ein Spiel gerade erst kennengelernt (alle Digidiced Games liefern ein ausführliches Tutorial-Game mit), sorgt die Anfänger-KI durchaus für eine ausgewogene Herausforderung, die es zu knacken gilt. Alternativ kann man auch online gegen andere menschliche Spieler antreten oder auch ein lokales Mehrspieler-Match starten.

Analoge Spielformate werden seit einigen Jahren immer häufiger in digitale Pendants umgewandelt, nicht nur Brettspiele sind davon betroffen. Auch Sportwetten locken mit attraktiven Gewinnchancen im Internet, Online-Casinos transportieren Las-Vegas-Feeling auf den Bildschirm, E-Sports-Wettkämpfe ziehen Tausende von Fans als Zuschauer an die Bildschirme.

Unternehmen wie Digidiced stehen darum für eine aktuelle Entwicklung in der Medienwelt, bei der immer mehr Brücken zwischen analog und digital geschlagen werden. Es wäre einseitig zu behaupten, der Trend gehe ausschließlich in Richtung einer Digitalisierung von allem. Denn umgekehrt entdecken Menschen mit Hilfe von digitalen Brettspielen im Folgeschritt auch wieder mehr analoge, reale Beschäftigungsmöglichkeiten. So wie schon vor einigen Jahren, als das Videospiel „Guitar Hero“ die Gamer erst vor die Bildschirme gezogen hat, um dann bei vielen von ihnen die Lust zu wecken, auch ein echtes Musikinstrument lernen zu wollen.